Kurzprofil
Nordamerika ist seit Jahrzehnten ein klassisches Ziel für ein Auslandsstudium: Kein Wunder, denn die USA und Kanada haben eine beeindruckend vielfältige Universitätslandschaft. Landschaft ist allerdings ein Stichwort, dass die meisten Menschen ganz spontan mit Nordamerika verbinden: die Weiten Kanadas und des Mittleren Westens, die rauen Rocky Mountains und die warme Golfküste, mächtige Ströme und riesige Seen. Mindestens so bedeutsam sind für das Image die Stadtlandschaften von Metropolen wie New York, Vancouver oder Los Angeles.
Vielfalt der Landschaften und Menschen
Wer jetzt denkt, Nordamerika bestehe aus zwei Staaten, liegt völlig falsch, denn es sind 23! Geografisch gesehen ist die Begrenzung auf die beiden unterschiedlichen Geschwister nämlich ziemlich verkürzt, denn Grönland, Mexiko und seine kleineren mittelamerikanischen Nachbarn als auch Kuba und die Karibikinseln zählen ebenfalls zu Nordamerika. Die USA wiederum reichen über den Kontinent hinaus: Der 50. Bundesstaat ist Hawai'i – im Übrigen auch ein attraktives Ziel für ein Auslandssemester.
Diversity steht heute zumindest in der westlichen Welt hoch im Kurs. Die Bedeutung von Vielfalt und wie Gesellschaften mit ihr umgehen, kann man mit unterschiedlichen Schwerpunkten sehr gut in Nordamerika studieren. Denn trotz der vielen Ähnlichkeiten unterschieden sich die USA und Kanada im Detail erheblich.
Kanada – die zweisprachige Nation
Kanada ist mit zwei Amtssprachen – Englisch und Französisch – durch zwei unterschiedliche europäische Nationen kulturell geprägt. Wer beide Sprachen perfektionieren will, ist also in Kanada gut aufgehoben, denn die Universitäten in den englischsprachigen Provinzen bieten Kurse auf Französisch an. Aber auch die so genannten First Nations, die indigenen Ureinwohner, sind heute viel sichtbarer, was sich in speziellen Universitätsprogrammen an praktisch allen kanadischen Hochschulen ebenso widerspiegelt wie in einer eigenen Universität.
Gibt es den Melting Pot USA?
Von den USA und vor allem New York City wird gerne als Melting Pot gesprochen, doch sah und sieht die Realität oft anders aus, denn beliebte Touristenziele wie China Town oder Little Italy erzählen von einer durchaus differenzierten Geschichte der Vermischung von Kulturen. Während Kanada zwei verfassungsrechtlich gleichberechtigte Amtssprachen kennt, ist im Alltag vieler US-Regionen die Dominanz der englischen Sprache längst keine Selbstverständlichkeit mehr, denn Spanisch ist für sehr viele Zuwanderer und US-Bürger die Muttersprache. Insbesondere die Westküste Nordamerikas wird zudem von einer starken asiatischen Einwanderung geprägt.
Von Columbus bis Einstein
Die ersten Europäer, die in Nordamerika siedelten, kamen um das Jahr 1000 aus Skandinavien. Sie hinterließen aber kaum Spuren. Das stellte sich bei der zweiten großen europäischen Entdeckungswelle ganz anders dar. Christoph Columbus landete 1492 auf einer karibischen Insel. Damit war die weitere Stoßrichtung seiner spanischen Auftraggebers vorgegeben: die Karibik, Mittel- und Südamerika wurden kolonisiert.
Auf dem Gebiet der heutigen USA und Kanadas gerieten bald England und Frankreich in Konkurrenz, die Spanier waren aber z.B. auch im heutigen US-Bundesstaat Kalifornien die ersten Eroberer, was sich architektonisch bis heute gut nachvollziehen lässt: kein größerer Ort ohne Mission Street. Im 19. Jahrhundert wurden vor allem die jungen USA zum Ziel europäischer Auswanderungswellen. Was sich bis heute in der kulturellen Vielfalt vor allem der USA und Kanadas niederschlägt, bedeutete allerdings gleichzeitig den Verlust der kulturellen Selbstbestimmung und Existenz vieler anderer Völker. Von Mayas und Inkas blieben nur Ruinenstädte. Die nordamerikanischen Indianervölker, die teilweise in Staaten organisiert waren, wurden in Reservate zurückgedrängt.
Eine kleine und besondere Auswanderungswelle war im 20. Jahrhundert eng mit der deutschen Geschichte verknüpft und war im Kern eine Flüchtlingswelle. Rassisch und politisch verfolgte Deutsche fanden vor allem in den USA, aber auch in Kanada, Mexiko oder Kuba Unterschlupf. Viele prägten das kulturelle und intellektuelle Leben ihrer neuen, manchmal auch nur kurzzeitigen Heimat nachhaltig. Das gilt für Wissenschaftler, Musiker, Schriftsteller, Künstler wie Albert Einstein, Theodor W. Adorno, Bruno Walter, die Brüder Mann. Ein Architekt wie Ludwig Mies van der Rohe prägte das Gesicht nordamerikanischer Metropolen wie Chicago wie niemand vor ihm.
Sport und Kino
Ausgehend von der britischen Prägung der führenden nordamerikanischen Schichten spielte Sport frühzeitig eine Rolle in Nordamerika. Vor allem erhielt der moderne Sport aber ein amerikanisches Gesicht. Klassische Sportarten wie das Boxen erlebten nicht nur im so genannten Wilden Westen Zuspruch, sondern erfreuten sich im Laufe des 20. Jahrhunderts massenmedial verstärkt wachsender Beliebtheit. Mit Stars wie Cassius Clay, der als Muhammad Ali zu Weltruhm gelangte, schienen die politischen Themen der Zeit mit auf.
Drei Ballsportarten erfreuen sich in Nordamerika größten Zuspruchs: Baseball, Basketball und American Football. Sie stehen für eine eigene Kultur, die sich auch auf dem Gebiet des Sports von Europa emanzipiert hat. Sport an der Universität hat übrigens in Nordamerika einen viel höheren Stellenwert als in der alten Welt. Die oberste College-Liga hält in der öffentlichen Wahrnehmung durchaus mit anderen Ligen mit. Ein Stipendium stand schon am Anfang mancher sportlichen und akademischen Karriere.
Ein weltweit besonders prägendes Element wurde die nordamerikanische Filmindustrie. Ihren Anfang nahm sie in New York, wurde mit Hollywood zum Mythos. Heute entstehen viele, weltweit bekannte Produktionen längst in Kanada, wo sich Vancouver zu einer ernst zu nehmenden Alternative gemausert hat.
Sein eigenes Nordamerika entdecken
All das macht Nordamerika zu einem spannenden Ziel für ein Auslandssemester oder sogar ein komplettes Auslandsstudium. Die Möglichkeiten sind dabei vielfältig: Neben dem klassischen halbjährlichen Auslandssemester, gewinnen auch die Summer Schools und Fortbildungsangebote wie Certificates immer mehr an Bedeutung. Je nach persönlichem Zeitkontingent und finanziellem Polster ist ganz Nordamerika studientechnisch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.