Erfahrungsbericht: Sonja Pütz
„Living in a land down under“
Vor knapp zwei Wochen bin ich aus meinem fünfmonatigen Aufenthalt in Australien zurückgekommen, hier meine Erfahrungen:
Zur Organisation
Sinnvollster Tipp: Fangt früh genug an! Uni aussuchen, unter Umständen ein Englisch Zertifikat absolvieren, bewerben, Visum beantragen, Flüge buchen, Auslands-BAföG beantragen (oh ja, da kam Freude auf, aber es lohnt sich!), nach Unterkünften schauen.. Das alles beansprucht Zeit und Geduld. Fangt am besten circa ein Jahr vor geplanter Abreise an, euch damit zu beschäftigen. Auslands-BAföG solltet ihr spätestens ein halbes Jahr vorher beantragen, die Bearbeitungszeit dauert. Und: Immer versuchen, selbst wenn ihr kein Inlands-BAföG bekommt, das heißt nichts.
Das Visum zu beantragen war bei mir sehr unkompliziert. Man musste online einiges ausfüllen und beantworten, hatte jedoch schon ein paar Stunden später die Bestätigung und somit sein Visum.
Warum Perth?
Durch IEC bin ich auf die University of Western Australia gestoßen. Der gute Ruf der Uni sowie die Lage direkt an der Küste hat mich überzeugt. Um ehrlich zu sein kannte ich Perth bis dato gar nicht, da alle Freunde und Bekannten bisher nur die Ostküste Australiens bereist haben. Dadurch war ich umso neugieriger auf die Westküste.
Ankunft & die ersten Tage
Oh mein Gott, war ich aufgeregt. Ich gehörte nicht zu den Menschen, die sich schon jahrelang auf ihr Auslandssemester gefreut haben, viel gereist sind und überhaupt dauernd Fernweh verspüren. Im Gegenteil: Ich wohnte wohl behütet, oder auch völlig unselbstständig, noch bei meinen Eltern und bekam manchmal sogar im Urlaub Heimweh. Dadurch war meine Entscheidung, nach Australien zu gehen eher spontan und definitiv mit Skepsis gefallen. Während des Hinflugs habe ich mich auch nicht nur einmal gefragt, was zur Hölle ich eigentlich gerade tue und ob ich nicht in Dubai wieder einen Flieger zurück nach Düsseldorf nehmen solle.
21 Stunden später war ich jedenfalls in Perth angekommen und es gab erst einmal kein zurück mehr. Der erste Eindruck war überhaupt nicht so, wie man sich Australien vorstellt: Es war Juli und somit Winter, das heißt 10 Grad, regnerisch und um halb 6 abends dunkel. Na wunderbar, dachte ich.
Die Uni
Das Semester begann einige Tage nach meiner Ankunft am 1. August. Durch zahlreiche Infoveranstaltungen und gemeinsame Unternehmungen in der ersten Woche (Tour durch Perth City, gemeinsame Fahrt in den Zoo), fühlte man sich als Austauschstudent von Beginn an herzlich willkommen. Auch nach der Einführungswoche bis hin zum letzten Tag des Semesters standen einem Ansprechpartner für Probleme und Fragen aller Art zur Verfügung, die einem stets freundlich und bemüht unterstützen und berieten.
Ungewohnt war, dass die Klausuren an der UWA nur 40-50% zählten. Somit musste man ab dem ersten Tag der Vorlesungen durch Anwesenheit, Online-Quizzes, Präsentationen und Essays die restlichen Punkte des Moduls sammeln. Einerseits war das Semester somit von Beginn an stressig und eher der Schulzeit ähnlich, andererseits fiel dadurch der klassische Lernstress am Ende der Vorlesungszeit weg, da man a) schon viel Ahnung vom Stoff hatte und b) durch die bereits erreichten Punkte gar nicht mehr so gut in der Klausur abschneiden musste.
Die Klausuren waren vom Niveau her durchaus machbar. Natürlich musste man sich darauf vorbereiten, aber da in 3 von 4 Klausuren ein wesentlicher Teil aus Multiple Choice bestand, empfand ich die Prüfungen als relativ leicht zu bewältigen.
Die Unterkunft
Die UWA bietet fünf verschiedene Colleges an, die direkt auf dem Campus sind. Man bezahlt im Vorfeld die gesamte Summe und hat für die gesamte Zeit ein kleines Zimmer zur Verfügung inkl. bis zu 3 Mahlzeiten täglich. Dadurch, dass ich mit einer Kommilitonin zusammen geflogen bin, haben wir uns eher für eine Wohnung zu zweit abseits der Uni interessiert. Die Colleges waren uns um ehrlich zu sein zu teuer, dafür, dass man in den meisten Fällen nicht mal ein eigenes Badezimmer hat. Für die ersten zehn Tage hatten wir uns ein Ferien Apartment gemietet, da wir vor Ort und nicht nur per Internet auf Wohnungssuche gehen wollten. Die Suche gestaltete sich leider alles andere als leicht: Zu teuer, zu klein, ohne Möbel, immer passte irgendetwas nicht. Viele Wohnungsbesichtigungen und noch mehr Stunden Online-Recherche später hatten wir dann endlich, was wir wollten: Eine süße 2-Zimmer Wohnung im Stadtteil Mosman Park direkt am Strand. Also auch hier gilt: Geduld lohnt sich!
Öffentliche Verkehrsmittel
In Perth fahren viele Busse und auch Züge. Ist man die Infrastruktur aus Köln gewohnt, erscheint einem das Angebot etwas mager, man kommt jedoch mehr oder weniger immer von A nach B. Von unserer Wohnung bis zur Uni dauerte es circa eine halbe Stunde mit dem Bus, nicht optimal aber aufgrund der schönen Lage unserer Wohnung durchaus tragbar. Kurz gefasst: Man braucht kein eigenes Auto.
Perth
Ich bin definitiv verliebt in Perth und kann nur jedem empfehlen, sich fernab der Mehrheit für ein Auslandssemester im Westen Australiens zu entscheiden. Die Stadt bietet auf eine unheimlich friedliche und charmante Art und Weise einerseits das Gefühl, in einer Großstadt zu sein, andererseits aber auch ruhige, Vorort ähnliche Stadtteile. Tagtäglich kann man sich am Strand wunderschöne Sonnenuntergänge anschauen. Wer feiern gehen möchte, sollte beachten, dass der Abend viel früher beginnt als in Deutschland, da die Clubs um spätestens 2 Uhr morgens schließen.
Die Menschen in Perth sind wahnsinnig angenehm. "You'll be fine." ist hier die Devise. Die australische Einstellung zum Leben ist neben dem unerschütterlichen Optimismus durch eine unheimliche Leichtigkeit und Ruhe gekennzeichnet. Durchaus etwas, wovon die Deutschen sich einiges abgucken können. Dass sich Fremde auf der Straße im Vorbeigehen grüßen und anstrahlen, ist hier keine Seltenheit.
Nach dem Semester
Was ich auf jeden Fall jedem empfehlen kann: Reisen. Während des midsemester break haben wir einen Road Trip die Westküste entlang hoch bis nach Exmouth gemacht. Dort sahen wir dann Australien, wie man es sich vorstellt. Outback, Kängurus, kostenlose Campingplätze ohne Wasser, Netz und Strom und wunderschöne, verlassene Strände.
Nach den Klausuren Ende November war mein Visum noch gut 2 Monate gültig. Zusammen mit einem anderen Austauschstudenten aus Deutschland bin ich nach dem Semester nach Melbourne geflogen und von da aus die gesamte Ostküste bis hoch nach Cairns gefahren. Das war definitiv das Beste, was ich hätte machen können. Man kann nicht in Worte fassen, wie viele beeindruckende und wunderschöne Orte Australien zu bieten hat.
Zusammengefasst kann ich sagen: Ich bin so froh, dass ich mich für das Auslandssemester entschieden habe. Man lernt nicht nur neue Kulturen und unheimlich tolle Menschen kennen, sondern auch extrem viel über sich selbst. Und auch, wenn es definitiv nicht immer leicht war und man des Öfteren an seine Grenzen kam: Es lohnt sich so sehr.