Erfahrungsbericht: Larissa Wolf
„Ich durfte Südengland zu Zeiten der Pandemie kennenlernen :D “
Hallo Auslandssemester-interessierte Leser*in,
ZU MEINEN MOTIVEN FÜR EIN AUSLANDSSEMESTER IN ENGLAND..
Ich habe kurz vor Abschluss meines Bachelors noch ein Auslandsseemster in Südengland gewagt. Warum? Da spielten viele Gründe mit hinein! Allen voran erschien mir das Sussex Studienprogramm super spannend! In meiner Heimatuniversität in Deutschland studiere ich Psychologie im 6ten Semester. Da ich bereits alle psychologischen Kurse aus meinem Studium abgeschlossen habe, und mir lediglich extracurriculare Modules fehlten, war ich gänzlich frei was meine Kurswahl betraf. Ich entschied mich für ein Modul aus dem 3ten Jahr in Art History (The image of Slavery) und einem Modul aus dem 1ten Jahr des Studiengangs International Development (Colonialism and After). Ersteres war ein Workshop und Seminar und fand ab Woche 5 stets am Campus statt, da wir eine kleine Gruppe von 5 Studierenden waren. Letzteres bestand aus einer Vorlesung, welche sogar am Campus stattfand und einem online Seminar. Somit war ich eine der glücklichen Personen, die eine Blended Learning Erfahrung machen durfte zu Zeiten der Pandemie (dh. sowohl online als auch in-person learning)!
Ein weiterer Grund für das Auslandssemester war für mich die Location! Brighton ist eine lebendige Stadt am Meer, mit Möwen, Strand (wenn auch steinig) und Seeluft. Man sagt sogar die Engländer*innen urlauben dort, weil die Sonnenuntergänge so schön seien! Unter normalen Umständen wäre in Brighton mit Sicherheit immer was los, bei all den Pubs am Meer und in den engen Gassen der Lanes, in den kleinen Theatern, den Clubs und Karaoke Bars. Der Campus und das Campusleben sind allerdings abseits vom Big City life und in der Natur: Kommt man aus der Bib raus kann man auf die grünen Hügel blicken auf denen manchmal Schafe und Kühe weiden, dort wandern ist erlaubt! Neben dem Ziel die Englisch Kenntnisse zu verbessern, fand ich es auch super schön zu wissen, das Sussex super viele international students aus der ganzen Welt hat: Diversity macht im Studienleben so viel mehr Spaß - v.a. die ganzen unterschiedlichen Akzente! Mir ist erst hier aufgefallen wie reich die Englische Sprache an Akzenten ist. Brigthon ist außerdem überall als LGBTQ+ freundliche Stadt bekannt
ZU MEINEN KURSEN...
Ich war in all meinen Seminaren die einzige deutsche exchange Studentin. Das war auch eine interessante Erfahrung! Anfangs hatte ich 5 Seminare, wobei mir das IEC Team geraten hat, eher 2-3 zu belegen, da der Arbeitsaufwand pro Seminar um einiges höher ist als in Deutschland. Hier gibt es weniger Kurse, aber dafür intensiver. Pro Seminar hatte ich eine Leseliste von 100 Seiten. Nach Woche 2 habe ich entschieden angefangen Seminare abzuwählen, da das alles zu viel wurde und ich nur noch in meinem Zimmer saß und gelernt habe. Das war nicht der Sinn des Auslandssemesters dachte ich mir! Die Entscheidung am Anfang so viele Kurse zu belegen war aber dennoch rückblickend nicht schlecht, da ich am Ende nur die Kurse behalten habe, die am Campus stattfanden. Vorher wusste die Uni nämlich selbst noch nicht welche Kurse 100% auf zoom stattfinden würden. Die Kurse waren super spannend, es wird sich sehr viel Zeit für die Beantwortung von Fragen genommen und man kommt auch als nicht Muttersprachler*in gut mit, da man sich auf die Seminare gut vorbereiten kann! Das Kursklima ist nebenbei super relaxed. Die Professoren und Studierende dutzten sich und es bestand eine diskussionsfreudige Atmosphäre, die sich über Kritik gefreut hat!
ZU MEINER UNTERKUNFT..
Mein Zimmer habe ich bei Spareroom gefunden. Das ist so ähnlich wie WG-gesucht nur für die UK. Dort habe ich mich mit 4 anderen Engländer*innen zusammengetan (die ich vorher nicht kannte, aber mich freute kennenzulernen) und gemeinsam auf ein Haus mit 4 Zimmern beworben. Das hat alles super geklappt und ich habe mich in der WG pudelwohl gefühlt! Das Haus befand sich mit dem Fahrrad 20 Min vom Campus (es gibt auch einen ganz guten Fahrradweg dahin). Fahrrad habe ich mir über Gumtree organisiert, dass ist quasi ebay kleinanzeigen für UK. Leider hatte ich dann aber doch ein paar Probleme mit meinem Zimmer, da ein Rohr hinter der Wand leckte, war mein Zimmer 24/7 nass und auch die Wände fleckig. Die Klempner der Vermittlungsagentur konnten das Leck über mehrere Monate (bis zu meinem Auszug) nicht finden und daher habe ich ab einem Zeitpunkt entschieden in ein mini Zimmer im selben Haus umzuziehen (5qm). Das war seehr ärgerlich, da ich für den Zeitraum auch keine Mietminderung o.ä. bekam und aus meinem Mietvertrag nicht austreten durfte. In der Zeit habe ich deutsche Mietrechte vermisst - meine britische Mitbewohnerin teilte mir ebenfalls mit, dass das ganz normal sei. Immerhin habe ich so die Housing Agencies kennengelernt und ACORN die Mietschutzgewerkschaft.
SOCIETY CLUBS & FREUNDE FINDEN WÄHREND PANDEMIE...
Freunde finden während der Pandemie war schwieriger als gedacht, und wurde dann aber doch immer einfacher. Vor allem unter den international students, da man im gleichen Boot sitzt: neues Land, neue Kultur, nicht die Muttersprache, alles auf Neustart. Engländer*innen kennenlernen kann manchmal (außerhalb der Wohngemeinschaft) etwas schwieriger sein, da sie bereits Freunde in der Stadt haben oder so). Über die Society Language Cafe habe ich Freundschaften knüpfen können mit Menschen aus Kanada, Brasilien, Kolumbien, Türkei und Spanien. Im Language Cafe habe ich deutsch unterrichtet, da die Nachfrage Deutsch zu lernen sehr hoch in UK ist! Alles eher so im freizietlichen Rahmen und über zoom, aber man hat sich trotzdem manchmal auf einen social distance walk getroffen ;) Ebenfalls war ich im Basketball Team, allerdings nur für ganz kurze Zeit, da dann aufgrund der Pandemie das Training wieder abgesagt wurde. Über meine britische Mitbewohnerin konnte ich noch in den Debate Club der University mit hineinschauen, der suuuper Spaß gemacht hat. Von dem vielfältigen Society Club Program kann man in meinen Augen in einer deutschen Uni nur träumen! Meine Mitbewohnerin hat mich dann auch häufiger mit zu Pub Abenden eingeladen, als diese noch offen waren, das war auch immer echt cool!
PANDEMIEBEDINGTE EINBUßE..
Kein Teamsportprogramm, viel technisches Know How (bei allem vorher registrieren und Präsenz anmelden, zB. für die Bib und Ausleihe). Kennlernprogramm alle online, keine Campus Konzerte/Veranstaltungen.
DAS HABE ICH MITGENOMMEN..
England war nicht mein erster längerer Auslandsaufenthalt, aber meine erste Auslandsstudiumerfahrung! Sprachtechnisch habe ich Fortschritte gemacht, aber erkenne auch, dass da noch vieeel Luft nach oben ist va. die verschiedenen Akzente (derzeit wohne ich mit 3 walisischen Menschen und einer Irin zusammen) machen es nicht einfacher aber aufregender! Ich denke man muss sprachtechnisch sehr viel Geduld mit sich selbst haben und sich an den kleinen Schritten die man macht erfreuen! Vor allem im Debate Club fiel mir auf, dass ich mich unter Zeitdruck (1Min 30) zu einem hochpolitischen Thema zu äußern einiges abverlangt und noch nicht easy von der hand geht haha. Das fällt einem ja manchmal sogar auf deutsch schwer. Am Ende freu ich mich einfach über all die neuen Kontakte, die sich ergeben haben, über viele tiefe Gespräche und interessante Debatten, über spannende Seminarthemen, die unglaublich tolle britische Höflichkeit wenn man lost am Bahnhof ist und meine bestandenen Noten, sowie über die Tatsache das sich eine Verbindung zu dem Land in mir aufgebaut hat.