Die passende Universität für dein Auslandssemester:
Uni- und Programmsuche
1.
2.
3.

Erfahrungsbericht: Hendrik Stroben

Hendrik Stroben
„Aufgrund der kulturellen Vielfalt und des hohen Freizeitwertes, mit den vielen Parks und der scheinbar allgegenwärtigen Nähe zum Wasser, etwas besonderes vorübergehend ein Bewohner Sydneys sein zu können.“

Vorwort

In der Zeit von Februar bis Dezember hatte ich dank der Unterstützung der Landesstiftung Baden-Württemberg die Gelegenheit, ein Studium an der Macquarie University in Sydney zu absolvieren. Das Aufbaustudium in Volkswirtschaftslehre (Master of Economics) folgte auf meine ersten zwei Jahre im Berufsleben. Auf den nächsten Seiten habe ich versucht, einige der vielen Eindrücke und Erfahrungen im Rahmen des Aufenthaltes und dessen Vorbereitung festzuhalten.

Die Planung und meine anfänglichen Zweifel

Der Gedanke, oder genauer gesagt der Wunsch, ein Aufbaustudium in Australien zu absolvieren, lief zu Beginn allzu oft auf Zweifel hinaus: „Wie wird sich das auf die große Distanz und vor meiner (noch) herrschenden Unkenntnis des dortigen Hochschulsystems organisieren lassen?“

Gleich mehrere Internetseiten bieten umfassende Informationen zu den australischen Unis an. Dabei erfährt man Größe, fachliche Schwerpunkte und sämtliche Studienprogramme, welche die ca. vierzig öffentlichen australischen Hochschulen anbieten. In meinem Fall waren im Besonderen das Studienprogramm und der Standort bzw. die Stadt die tonangebenden Suchkriterien.

In meinem Fall brachte dieser Prozess die Macquarie University hervor. Hier wird ein einjähriges Aufbaustudium in Volkswirtschaftslehre, der Master of Economics, angeboten und die Universität wirkte aufgeschlossen und sehr international. Außerdem übte auch Sydney einen großen Reiz auf mich aus.

Hat man einmal seine Entscheidung über eine Uni getroffen, bieten die Organisationen an, die relevante Kommunikation für eine Bewerbung an einer Uni zu übernehmen – wohl bemerkt kostenfrei. Der Service von IEC geht sogar so weit, dass man Termine für persönliche Gespräche ausmachen kann. Auch hiervon habe ich gerne Gebrauch gemacht. Allerdings ist damit eine Reise nach Berlin verbunden. Hier wurde mir genau gesagt, welche Unterlagen notwendig und in welcher Form einzureichen sind. Hat man seine noch nicht einmal sieben Sachen beisammen, wird auch die Geduld auf eine überschaubare Probe gestellt.

Antworten von den Unis lagen bei den Organisationen meist nach wenigen Tagen vor.

Australiens Uni-Landschaft objektiv betrachtet

Ein paar objektive Punkte sollen diesen Teil abrunden: Aus den vierzig Unis in Australien tut sich eine so genannte Group of Eight hervor. Diese acht Unis sind die ältesten ihrer Art und haben sich um die australische Wissenschaft besonders verdient gemacht. Aber wie ich erlebt habe, gibt es auch daneben Unis, welche, wie die Macquarie Uni, qualitativ hoch- bzw. gleichwertige Lehre anbieten. Für Freunde von Rankings: Die Macquarie University stand 2005 weltweit an Nummer 67 in einem Ranking der Financial Times.

Das angelsächsische Hochschulsystem mit den Abschlüssen Bachelor und Master gibt es in Australien seit jeher. Von daher ist die Auswahl an Programmen (noch) ungleich größer als in Deutschland. Die Chancen stehen gut, dass man etwas findet, das nach seinem Geschmack ist. Der Master by Coursework (meine Wahl) bildet ein kompaktes Studium, setzt aber Vorwissen voraus. Der Master by Research legt den Schwerpunkt auf wissenschaftliches Arbeiten und schließt die Anfertigung einer Master-Thesis, einer Abschlussarbeit, mit ein. Letztere ist meist ein Projekt über ein oder mehrere Semester. Die Grenzen zwischen den beiden Masterabschlüssen können auch manchmal fließend sein.

Es ist kein Zufall, dass der australische Hochschulverband die Anwerbung von ausländischen Studenten derart fördert. Zunächst stärken ausländische Studenten den wissenschaftlichen Standort Australien und stellen zukünftige Arbeitskräfte dar. Außerdem gibt es aber auch einen finanziellen Aspekt. Die Studiengebühren für ausländische Studenten liegen ein Vielfaches über denen für einheimische Studenten und bilden damit eine Einnahmequelle, die potenziell die Qualität der Bildung erhöht. Dennoch liegen die so genannten tuition fees noch unter denen Amerikas und, betrachtet man die Lebenshaltungskosten, auch unter denen in England.

Das Anwerben deutscher Studenten vom australischen Hochschulverband war zuletzt von großem Erfolg gekrönt. Die Zahl deutscher Studenten in Australien hat sich lt. dem Spiegel im Zeitraum von 2001 bis 2004 vervierfacht. Dies ist auch ein Indiz dafür, dass meine anfänglichen Zweifel bzgl. einer schwierigen Planung und Organisation unbegründet waren. Nichtsdestotrotz ist es ein Prozess, der gut durchdacht und lange vorgeplant sein möchte. Durch reichlich Vorlaufzeit (ein gutes Jahr) lassen

sich Hektik bei Entscheidungen vermeiden und die Absprache und Regelung mit dem Arbeitgeber haben genügend Freiraum.

Im Vorfeld: Die Reise vorbereiten

Neben der Auswahl einer Uni und einer nötigen Einschreibung sind vorab noch einige andere organisatorische Dinge zu regeln. Besonders wichtig sind die folgenden Punkte:

- Beschaffung eines Visums – dies konnte online beantragt werden

- Frage der Unterkunft – Privat oder durch die Uni – in Sydney zeigte sich der Wohnungsmarkt sehr flexibel, es gab ein großes Angebot von Zimmern in Wohngemeinschaften. Bezahlt wird wöchentlich, Kündigungsfristen sind deutlich kürzer als in Deutschland. Auf der anderen Seite lassen sich durch Wohnungen von der Uni, die preislich etwas höher lagen, schnell Kommilitonen kennen lernen.

- Impfungen – Je nach Gebiet lohnt ein Blick ins Internet, welche Impfungen notwendig sind. Informationen jeglicher Art über das Land befinden sich auf der Seite des Auswärtigen Amtes.

- Die Planung der Reise selbst – Es lohnt ein Vergleich verschiedener Fluggesellschaften. Oftmals können durch Studententarife günstige Tickets erworben werden. Ein fairer Preis liegt meinen Erfahrungen nach zwischen 1000 und 1200 Euro.

Vor Ort: Das Studium geht los

Das erste von zwei Semestern begann Ende Februar mit der so genannten Orientation Week. In dieser Woche war an der Uni alles darauf ausgerichtet, in kurzer Zeit möglichst viele gängige Fragen von Neuankömmlingen wie mich zu beantworten. Durch kurze Studiendauer und einen hohen Anteil internationaler Studenten hat die Uni eine hohe Fluktuation an Studenten.

Dadurch ist die Uni sehr gut darin, Prozesse einfach zu halten und steht stets mit vielen Beratungspersonen für jegliche Fragen bereit. Auch ein breit aufgestelltes soziales Programm, Sport und ähnliches, sorgen schnell dafür, dass man sich einlebt und wohl fühlt. Die ersten Wochen sind geprägt von den vielen Eindrücken, die es aufzunehmen und zu verarbeiten gilt. Dies gilt im

Besonderen für die Uni und das Kennenlernen ihres Systems und ebenfalls die neue Umgebung mit ihrer Eigenarten und Besonderheiten. Es lässt sich sagen, dass so schnell keine Langeweile aufkommt!

Im Rahmen des Master Studiums mussten pro Semester vier Fächer belegt werden. Pro Fach werden bei erfolgreichen Abschluss vier credit points vergeben. Daraus ergeben sich die für den gesamten Masterabschluss notwendigen 32 credit points. Die zur Auswahl stehenden Fächer waren mit ca. dreißig zahlenmäßig begrenzt, inhaltlich aber weit gestreut. Bereits in der ersten Vorlesung wurde deutlich, wie kulturell gemischt die Herkunftsländer der Studenten sind. Besonders hoch ist der Anteil asiatischer Studenten. Ein Studium in Australien genießt im asiatisch-pazifischen Raum offensichtlich einen guten Ruf. Aber auch Europäer und Amerikaner sind stark vertreten. Dasselbe Bild ergibt sich innerhalb der Belegschaft der Uni, so war es normal, dass ein koreanischer Dozent Ökonometrie unterrichtet und ein indischer Professor Entwicklungsökonomie lehrt.

Zu Ablauf und Anforderungen während des Studiums

Die Struktur des Studiums unterscheidet sich von einem deutschen Studium meines Erachtens besonders in folgenden Dingen: Der Anteil von drei Vorlesungsstunden pro Fach und Woche, in Summe also zwölf, fällt in Australien geringer aus, dafür ist aber der Anteil der Arbeit, der in Eigenregie erfolgen muss, erhöht. Die Abschlussnote in einem Fach ist auf verschiedene Prüfungen verteilt. Dabei ist die Abschlussklausur zwar meist die Prüfung mit dem höchsten Gewicht, aber nicht, wie in Deutschland üblich, die einzige. Es fallen darüber hinaus essays und Präsentationen an. Insbesondere das Anfertigen von essays war meist ein fester Bestandteil. Es war jeweils eine gute Gelegenheit, eine Thematik tiefgehender zu bearbeiten, und außerdem konnte man sprachlich davon profitieren.

Auf mich wirkte diese Vorgehensweise fair, weil sich die Prüfungen auch in ihrer Vorbereitung bzw. Anfertigung unterscheiden, so dass eigentlich jeder Lern- bzw. Arbeitstyp seine Gelegenheit bekommt. Zeitgleich sind die Vorlesungen wesentlich verschulter und strukturierter. Oftmals wird strikt nach einem Lehrbuch vorgegangen. Außerdem erscheinen Dozenten oft leichter zugänglich, was vielleicht auch durch den verschulten Aufbau bedingt ist. Grundsätzlich muss man sagen, dass es schwierig ist, ein Studium abschließend objektiv zu beurteilen. Dafür sind die Unterschiede innerhalb einer einzelnen Universität allein zu groß. Dasselbe Fach kann, unterrichtet von zwei verschiedenen Dozenten, mal hervorragend, mal weniger interessant dargebracht werden.

Es sei daher noch mal auf die grundlegenden, strukturellen Unterschiede zu einem Studium in Deutschland verwiesen. Betont subjektiv möchte ich aber sagen, dass mir das Studium großen Spaß gemacht hat. Allein weil es, wie beschrieben, im Ansatz anders ist.

Es macht außerdem Spaß, sich nach einer gewissen Zeit in einer Fremdsprache sicher zu fühlen und in ihr bekannte und neue Dinge zu formulieren bzw. kennenzulernen. Gerade weil in den Wirtschaftswissenschaften vielen Theorien in englischer Sprache erschienen sind, lernt man so den ein oder anderen Sachverhalt scheinbar „per Abkürzung“ kennen.

Das Land und seine Leute

Betrachtet man allein die räumliche Entfernung, müssen die kulturellen Unterschiede immens sein - das sind sie aber nicht. Die Wurzeln der Siedler, die den australischen Staat gegründet haben, waren europäisch. 95% der heutigen Bevölkerung Australiens ist europäischer Herkunft, mit britischem und irischem Schwerpunkt. Von daher muss man sich hier und dort erneut daran erinnern, dass man am besagten „anderen Ende der Welt“ ist.

Dabei behilflich sind natürlich die Landschaft und die klimatischen Bedingungen, die für einen Europäer oftmals Neuland sind. Andernfalls erscheinen einem viele Dinge vertraut, wenn auch nicht direkt aus Deutschland, sondern aus England. Aber auch andere europäische Nationalitäten erfreuen sich in Australien einer großen Zugehörigkeit. So befindet sich die größte Ansammlung von Griechen außerhalb Griechenlands in Australien und auch Italiener sind zahlenmäßig stark vertreten.

Somit hatte ich die Erfahrung, in Australien einen „europäischen Geist“ zu spüren, der hier und dort durch ein Gefühl der Vertrautheit und Zugehörigkeit in mir emporkam. Auch unterhalb der europäischen Studenten war dieser Zusammenhalt zu spüren. „Europa“ scheint sich zu verselbstständigen und mir kam es vor, die europäische Idee ist weiter, als man das zu Hause in Deutschland manchmal glauben möchte.

Auch wenn die Wurzeln der Australier größtenteils außerhalb des Landes liegen, hat sich innerhalb der letzten Generationen ein ausgeprägter, zumeist positiver Nationalstolz entwickelt. Eine offene Gesellschaft, die tolle, teils einzigartige Natur und eine Wirtschaft, die stark wächst (3,8% in 2004), somit viele Möglichkeiten und Chancen bietet und für eine geringe Arbeitslosigkeit (6,1% in 2003) sorgt, geben diesem Trend recht. Außerdem kreieren das Klima mit viel Sonne, die endlose Küste (25.760km) und die geographische Isolation ein Gefühl der Unbekümmertheit, das durchaus ansteckend ist. Jedoch alles hat zwei Seiten, der Nationalstolz äußert sich zeitweise auch negativ, wie bei den so genannten Cronulla Riots im Jahre 2005, als es nahe Sydneys zu Übergriffen auf islamische Mitbürger kam. Außerdem führt die räumliche Isolation dazu, dass manche Bevölkerungsteile weitesgehend weltpolitisch desinteressiert sind, und das, obwohl ihr Land durchaus auf der Weltbühne in Erscheinung tritt und mit einem Engagement im Irak eine Tradition militärischer Einsätze fortsetzt.

Teilweise kam in mir der Gedanke auf, dass vermeintlich günstige Anlagen für eine außenpolitisch „zweite Schweiz“, mit einer gesunden Wirtschaft, insbesondere gestützt durch ein großes Vorkommen an Bodenschätzen, und einer geographisch isolierten Lage, nicht genutzt wurden, und man sich zu schnell an o.g. Einsätzen beteiligt.

Sehenswürdigkeiten Sydneys

Die Stadt Sydney selbst und ihre Aushängeschilder sind einem spätestens seit den Olympischen Sommerspielen im Jahr 2000 rein optisch bekannt. Nichtsdestotrotz oder vielleicht gerade deshalb ist es ein komisches Gefühl die Oper von Sydney und die Harbour Bridge einmal direkt vor Augen zu haben. Die Stadt ist auch über die zwei Symbole hinaus sehr schön. Der so genannte Port Jackson, besser bekannt als Sydney Harbour, ist außergewöhnlich pittoresk. Die Bucht windet sich weit ins Landesinnere und schafft so nochmals viele kleine Buchten, so dass viele Vororte Sydneys am Wasser liegen oder zumindest einen Blick darauf gewähren. Außerdem verfügt die Stadt über viele, sehr gut gepflegte Parks, welche eine hohe Lebensqualität gewährleisten. Das tröstet auch ein wenig über das Verkehrsproblem der Stadt hinweg, auch wenn die Lage durch die Olympischen Sommerspiele besser geworden ist. Aber es fehlen vermutlich noch einige Stadtautobahnen, die die einzelnen Ortsteile etwas entlasten würden. Aber hier tritt die eben noch gelobte Bucht, wohl  erschwerend in Erscheinung. In diesem Punkt seien noch die Fähren erwähnt, die als weiteres öffentliches Verkehrmittel eingesetzt sind und der Stadt viel Charme verleihen. Für viele Sydneysider beginnt ein normaler Arbeitstag mit einer Fahrt auf der Fähre in die Innenstadt, das so genannte Central Business District.

Zusammenfassend war es aufgrund der kulturellen Vielfalt und des hohen Freizeitwertes, mit den vielen Parks und der scheinbar allgegenwärtigen Nähe zum Wasser, etwas besonderes  vorübergehend ein Bewohner Sydneys sein zu können.